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SCHWEIZERISCHER VERBAND DER KONSUMENTENVEREINE
ZUR FÖRDERUNG DER BIOLOGISCH-DYNAMISCHEN LANDWIRTSCHAFT
UND ASSOZIATIVER WIRTSCHAFTSORDNUNG

Bioland Schweiz - Bio 3.0

Ungelöste Konflikte der Wachstumswirtschaft: Reaktion auf einen WOZ-Artikel zum Thema «Bio 3.0»

Bioland Schweiz - Bio 3.0

Ein Leserbrief von Hans Bieri (dipl.Arch.ETH/SIA, Raumplaner, Geschäftsführer der SVILund Vorsitz, Zürich) zum WOZ-Artikel: 2035 – das Jahr, in dem die Schweiz zum Bioland wird, WOZ 11. April 2016

Mag ja sein, dass der Jätroboter ein Beispiel ist, wie mehr Technologie auch in der Biolandwirtschaft in Zukunft angewendet werden kann. Aber das Einkommensproblem der Landwirtschaft ergibt sich aus dem ungelösten Nachhaltigkeitskonflikt der herrschenden Wachstumswirtschaft mit der Naturgrundlage. Alles wirtschaftliche Wachstum beruht darauf, dass mit Hilfsstoffen entweder die menschliche Arbeitskraft ersetzt wird und so die Produktivität gesteigert werden kann oder auf der Seite der Naturgrundlage mit den Hilfsstoffen hindernde Schädlinge bekämpft und der Pflanzenwuchs oder die Tierproduktion gesteigert werden können. Die unvermeidliche Kehrseite der Hilfsstoffe ist die Belastung der natürlichen Kreisläufe zu unserer aller Nachteil.

Offenbar sehen nun die Anhänger von Bio 3.0 mit erheblicher zeitlicher Verspätung auf die so verachtete konventionelle Landwirtschaft diese gleiche Notwendigkeit, nämlich mit mehr Technik, wie sie selbst wörtlich sagen, die Produktivität zu steigern. Die graue Energie, welche die ganze Computerisierung der Arbeitsprozesse verschlingt, ist das eine. Viel entscheidender ist aber, dass der Rebound-Effekt die wirtschaftliche Ertragsverbesserung genauso wieder aus der Landwirtschaft wie in der Vergangenheit abführen und damit den Druck auf die Ausbeutung der Naturgrundlage zu Gunsten des Kapitalwachstums nicht lockern wird.

Dieser Konflikt lässt sich weder mit einer technologischen Revolution, noch mit den bisherigen Rückgriffen auf Marketingstrategien, welche die Biolandwirtschaft als „Alleinstellungsmerkmal“ am Nischenmarkt durchretten wollen, lösen.

Produktion ist Stoffwechsel mit der Natur, um unsere Bedürfnisse zu decken. Da wir Teil der Natur bleiben, ist es unveränderlicher Zweck der Produktion, das gegebene Lebensgrundbedürfnis nach guten, gesunden Lebensmitteln zu decken. Damit sind die Anforderungen an die gesamte Landwirtschaft definiert! Und damit ist auch definiert, dass die Landwirtschaft letztlich nur eine biologische Landwirtschaft sein kann.

Das kann aber die Biolandwirtschaft nicht alleine lösen. Anstatt nun endlich die Ursachen des ungelösten Konfliktes der Wachstumswirtschaft mit der Naturgrundlage aufzuarbeiten und die Konsumenten und endlich auch die wegen den Hilfsstoffen verachtete konventionelle Landwirtschaft einzubeziehen und die notwendige gesellschaftliche und wirtschaftliche Reform zu verlangen, versteigt sie sich in die Technik-Utopie.

Raul Zelik, zusammen mit Elmar Altvater Autor des Buches „Vermessung der Utopie“, 2015, schreibt in Der Freitag, 23.12.2105, S. 13 dazu: „Doch woran liegt es dann, dass das offensichtlich Vernünftige nicht getan wird? Daran, dass die Macht dazu fehlt. … Die Akzelerationisten haben Recht: Das gute Leben war noch nie so greifbar wie heute. Trotzdem liegen sie falsch: Mehr Maschinenkraft und höhere Geschwindigkeit helfen nicht weiter. Und leider auch keine Regierungswechsel. Die Arbeiterbewegung konnte im 20. Jahrhundert einiges durchsetzen, weil sie eine Gegenmacht war. Es stimmt, dass eine derartige Bewegung eine Utopie braucht. Aber die Erfahrungen des 20. Jahrhunderts zeigen deutlich, dass technischer Fortschritt allein diese utopische Erzählung nicht mehr sein kann.“

Hans Bieri, SVIL Hans Bieri dipl.Arch.ETH/SIA, Raumplaner, Geschäftsführer der SVIL und Vorsitz, Zürich

Quelle: Erschienen im Newsletter von agrarinfo

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Literatur
Übersicht

über die bio-dynamische Landwirtschaft

Was ist dynamische Ernährungslehre?

Ernährung ganzheitlich betrachtet

Was ist bio-dynamische Landwirtschaft?

über den ältesten ökologischen Landbau

Was ist assoziative Wirtschaft?

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